Kapitel I Grundlagen

Wer waren die Druiden wirklich?
Über die Druiden ist nicht viel bekannt. Man weiß zwar, dass sie als Priester, Gesetz­geber,
Heiler, Seher, Sternkundige und Barden die geistigen Führer der Kelten waren,
doch gibt es nur sehr wenige Zeug­nisse und Überlieferungen über ihr Wir­ken.
Das Druidentum in seiner ursprüng­lichen Form ist schon vor weit über tausend
Jahren untergegangen und doch ranken sich viele Sagen um diese alten Weisen
und noch heute leben sie in der irischen Mytho­logie und Legende weiter.
Vieles unterschied sie von ihren Zeitge­nossen, so dass die seltsamsten Theorien über
ihre Herkunft aufgestellt wurden; unter anderem wurde spekuliert, sie seien außerirdischer
Herkunft oder kämen von dem versunkenen Kontinent Atlantis. Mit solchen Vermutungen sollten die
überragenden Kenntnisse der Druiden erklärt werden.
Allerdings spricht wenig für derartig weit hergeholte Hypothesen,
die mehr Fragen aufwerfen als sie beantworten können auch wenn viele der den
Druidenmeistern zugeschriebenen Kenntnisse und Eigen­schaften solche Spekulationen und
Mystifi­zierungen verständlich machen.
Uns scheint viel wahrscheinlicher, dass sich Weisheit und Macht der Druiden auf einen in vielen
Generationen angehäuften, überlieferten Wissens- und Erfahrungs­schatz,
subtile Selbstbeobachtungspraktiken und auch auf ihre Philosophie und ihr Wertesystem gründeten.
Das enorme Wis­sen, über welches die Druiden verfügten, belegt deutlich, dass sie eine lange
Tradition der Forschung und Lehre gehabt haben müssen. Dies wirft viele Fragen auf.
Woher kamen die Druiden, wer waren ihre Vor­gänger, wie wirkten sie und warum gingen sie,
wie viele andere Weise, im Strom der Geschichte unter?
Wir wollen versuchen, einige dieser Fra­gen zu beantworten oder zumindest Mög­lichkeiten zu ihrer
Beantwortung aufzuzei­gen, die nach unserem heutigen Wissens­stand hinreichend plausibel scheinen.
Welche Stellung hatten die Druiden bei ihrem Volk?
Die Druiden bildeten eine fest gefügte und abgeschlossene Gruppe innerhalb der keltischen Stämme.
Sie hatten nahezu alle wichtigen Positionen inne, ohne jedoch als eigentliche Führer in den
Vordergrund zu treten – die äußere Macht überließen sie anderen.
Doch auch jene wurden von den Druiden gelenkt und beeinflusst.
Dies ge­schah teils offen in Beratungen, in denen die Druidenmeister ihr Ansehen wirken ließen,
teils verdeckt in Form von Prophe­zeiungen oder Orakeln, falls ihre Erkennt­nisse den Normen oder
Bestrebungen der politischen Führer widersprachen. Sie waren es also letztendlich,
die die Geschicke ihres Volkes lenkten. Man kann daher durchaus sagen,
dass die Druiden die Träger der gesamten keltischen Kultur waren. Sie waren es,
die dem Volk geistige Substanz und Zusammenhalt gaben.
Mit dem Verschwinden der Druiden in den ersten Jahrhunderten der Christianisierung begann der
Verfall der ursprünglichen keltischen Kultur, von der heute nur noch Fragmente erhalten sind.

Die Hauptgründe für das hohe Ansehen, dessen sich die Druiden bei den keltischen Stämmen erfreuten,
waren ihre Weisheit und ihr außergewöhnlich hohes Alter. Ihrem immensen Wissen und der Bereitschaft,
es zum Wohle der Menschen einzusetzen, verdanken die Druiden ihren Namen:
»Die Hochweisen« ist die Bedeutung des altirischen Wortes druid Sie waren umfassend gebildet und
strebten ständig nach weiterem Wissen und größerer Erkenntnis.
Daher waren sie in der Lage, auf die meisten Fragen mit fundierten Kenntnissen zu antworten,
so dass jeder Führer sie als Berater schätzte und ihren Rat meist gerne annahm und versuchte,
sich auch weiterhin ihrer Hilfe zu versichern.
Das hohe Lebensalter, das die Druiden erreichten,
spricht für die Vollkommenheit ihrer Gesundheitslehre.
Ihren Kenntnissen in der Heilkunst allein hatten sie ihr langes Leben allerdings kaum zu verdanken.
Sie waren ja die Heiler des ganzen Stammes. Es wurden aber nicht alle, die von den
Druiden behandelt wurden, so alt wie die Meister selbst. Vielmehr scheint es plausibel,
dass die Schule der körperlichen, geistigen und emotionalen Kontrolle das Wyda diesen
Unterschied bewirkte.
Leider hinterließen die Druidenmeister keine schriftlichen Aufzeichnungen,
obwohl sie durchaus über eine Schrift verfügten.
Dies wird vor dem Hintergrund ihrer Philosophie verständlich.

Die Druiden lehrten, dass der Mensch nichts Dauerhaftes hinterlassen solle;
sie sprachen gegen den Umlauf des Goldes, gegen Bildwerke und Bauten aus Steinen oder
Metall und eben auch gegen die dauerhafte Fixierung ihrer Lehre.
Sie wollten nichts endgültig festlegen,
um immer offen für neue Erkenntnisse und Erfahrungen zu bleiben, denn sie waren sich bewusst,
dass die Menschen nur zu leicht dazu neigen, schriftlich fixierte Gedanken als heilig und
unantastbar und damit auch unveränderlich zu betrachten -eine Einsicht, die auch heute uneingeschränkt gilt.
Ein wesentlicher Bestandteil ihrer Lehre war jedoch gerade das immerwährende Weiterlernen,
das Entwickeln der Erkenntnis und das Wachstum der seelischgeistigen Kräfte.

Ihr Widerwille gegen steinerne und unabsehbar lange haltbare Bauwerke gibt bereits einen
Hinweis auf die Naturverbundenheit der Druiden, die verhindern wollten, dass die Erde
aufgerissen und ihrer Schätze beraubt würde.
Diese Einstellung entsprang aber keineswegs einem naturreligiösen Verständnis,
sondern der ganz realen Erfahrung mit den Energien und energetischen Zusammenhängen in der Natur.
Da sie um das Eingebettet sein des Menschen in die natürlichen Kausalitäten wussten,
war es für die Druiden offensichtlich, dass eine Verletzung und Veränderung ihrer
Umwelt auch eine geistige und emotionale Veränderung der menschlichen Natur bewirken würde.

Dennoch wurde lange vermutet, dass Stonehenge (Abbildung 1) und ähnliche Anlagen von den
Druiden erbaut worden sind. Tatsächlich bergen diese monumentalen Bauten, wie auch die Druiden,
viele Geheimnisse in sich. Bei der Untersuchung von Stonehenge zeigte sich beispielsweise,
dass diese Megalithen nach bestimmten astronomischen Ereignissen ausgerichtet sind.
Der so genannte heelstone in der Anlage von Stonehenge steht so, dass genau am 21. Juni jeden Jahres,
also zur Sommersonnwende, die Sonne über ihm aufgeht. Noch weit erstaunlicher ist die Tatsache,
dass die Steine an exponierten Stellen des erdmagnetischen Feldes aufgestellt sind.
Die damaligen Baumeister verfügten sicherlich nicht über die heutigen Messgeräte,
welche zur
Bestimmung dieser Orte aus wissenschaftlicher Sicht nötig wären.
Wie die damaligen Erbauer dies fertig brachten, wird vermutlich noch lange ein Rätsel bleiben,
denn selbst neuere Forschungsergebnisse führen zu keiner befriedigenden Erklärung.

Es besteht also kein Zweifel darüber, dass zum Bau dieses Monumentes große
astronomische und geologische Kenntnisse nötig waren. Die Druiden verfügten wohl über diese Kenntnisse und
es gilt als gesichert, dass sie ihre Kulthandlungen oft innerhalb dieser Steinkreise abhielten;
dennoch scheint es heute unwahrscheinlich, dass sie es waren, die Stonehenge erbauten.
Die Anlage ist noch wesentlich älter. Sie wird heute in das Neolithikum (die Spate Jungsteinzeit) datiert,
ist also vier- bis fünftausend Jahre alt. Die Druiden tauchten jedoch frühestens tausend Jahre später auf.

Vielleicht wirft dies aber einiges Licht auf die Herkunft der Druiden und den Ursprung ihres Wissens.
Möglicherweise waren die Erbauer des Megalithenbauwerks die geistigen Urväter des Druidentums.
Wie sich die Entwicklung von den Erbauern der monumentalen Kultstätten zu den Druidenmeistern vollzog,
lässt sich nicht rekonstruieren, man kann aber annehmen, dass die Grundlagen für das Wissen der
Druiden über Astronomie, Astrologie und Geomantie aus dieser Zeit stammen.

Im Laufe der Jahrhunderte verlagerte sich das Hauptinteresse der alten Weisen immer mehr
auf die höheren Ebenen der belebten Natur, auf die Kräfte des Lebens und des Geistes.
Als Folge davon trat die Schaffung gigantischer Kultstätten zugunsten einer Entwicklung des
Individuums zurück. Als Ergebnis dieser jahrhunderte langen Entwicklung kristallisierte sich
eine ausgefeilte Feinstoff- und Gesundheitslehre heraus – das Wyda.
Unklar ist bis heute auch,
ob diese Entwicklung in esoterischen Bereichen nicht erst nach der Wanderung der indogermanischen
Völkerstämme einsetzte und ob die Lehre der Druiden durch ein indisches
System inspiriert wurde (welches sich zum späteren Yoga weiterentwickelte) oder
ob umgekehrt eine ursprüngliche Vorform des
Wyda einen gewissen Einfluss auf die indische
Philosophie ausübte.
Für die erstere Annahme sprechen unter anderem archäologische
Funde wie das so genannte Pashupati-Siegel aus der vor arischen Induskultur,
das einen Gott im Lotussitz zeigt.
Dieser Fund aus dem dritten Jahrtausend vor Christus – also lange vor der arischen
Einwanderung – ist ein stich haltiger Beweis dafür, dass yogaähnliche Praktiken in
Indien schon lange bekannt waren.
Man könnte aber auch vermuten, dass Yoga und
Wyda eine wesentlich ältere gemeinsame Wurzel haben. Als einigermaßen gesichert kann angenommen werden,
dass sich Yoga und Wyda beim ersten Kontakt miteinander gegenseitig befruchtet und beeinflusst haben;
anders waren die vielen Gemeinsamkeiten schwer zu verstehen.

Die Ursprünge der Druidenkaste lagen wohl in einer primitiven Naturreligion,
deren Priester im Laufe der Zeit ein immer tieferes Verständnis für das Naturgeschehen entwickelten.
Diese Priester bildeten eine feste Gemeinschaft innerhalb einer vorkeltischen Kultur.
Sie genossen in ihrer Gesellschaft ein hohes Ansehen und waren von den alltäglichen Sorgen,
wie Nahrungserwerb, befreit, so dass sie sich ganz der Erforschung der Natur und ihrer Geheimnisse widmen konnten.

So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass es immer mehr zu einer Verschmelzung der
Religion mit einer Art Naturwissenschaft kam und sich eine weitgehend mit der Natur im
Einklang stehende ganzheitliche Lehre entwickelte.
Die äußeren Rituale dieser Religion dienten nur noch dem Kontakt mit dem Volk,
während das eigentliche Wissen dieser Priestergemeinschaft vorbehalten blieb.
Diese Priester waren es wohl auch, die aufgrund ihres wissenschaftlichen Verständnisses
in der Lage waren, so imposante Bauwerke wie Stonehenge zu errichten.

Mit dem weiteren Vordringen in die Geheimnisse der Natur offenbarten sich den
Eingeweihten in zunehmendem Maße die Zusammenhänge im Universum.
Die Forschung wandte sich nunmehr den geistigen Kräften und den Energien der belebten Natur zu.

Aus den genialen Priester-Baumeistern, die sich immer mehr auf höhere Ebenen des Wissens konzentrierten,
wurden schließlich im Laufe vieler Generationen die Druiden.

Mit der wachsenden Erkenntnis im Zeitalter der Druiden wuchs auch die
Diskrepanz zwischen dem Volk und den Eingeweihten, die nun immer tiefer in die Zusammenhänge
zwischen Materie und Geist vordrangen. Dank ihrer Weisheit, ihrer Heilkunst und ihrer weit
überdurchschnittlichen Lebenserwartung und Gesundheit wuchs ihr Ansehen bei den keltischen
Stämmen immer mehr, und die jungen Männer des Volkes, auch jene aus reichen und vornehmen Familien,
drängten sich darum, die Lehre der Druiden anzunehmen. Nur wenige jedoch wurden
aufgenommen – und selten bestand ein Schüler die ganze Lehrzeit, die zwanzig bis dreißig
Jahre dauern konnte.
Diese Lehrzeit erscheint uns selbst heute unglaublich lang; doch um wie
viel länger waren zwanzig Jahre damals, in einer Zeit, als die durchschnittliche Lebenserwartung
nur etwas über dreißig Jahre betrug! Bedenkt man allerdings, dass ein Druide über das gesamte
Wissen seiner Zeit verfügte und es auch noch vermehren sollte, so wird die Dauer der
Ausbildung der Adepten verständlich.

Die Druiden und ihre Schüler lebten meist etwas abseits
der Siedlungen am Rande der Wälder.
Sie begnügten sich mit dem Notwendigsten und entsagten allem Überfluss.
Auch um ihre Nahrung mussten sie sich nicht selbst kümmern, da das Volk ihnen regelmäßig
Opfergaben darbrachte. Ihre Aufgaben innerhalb der Stammesgemeinschaft erfüllten sie teils als Heilkundige,
teils als Priester. Sie waren allgemein als Autoritäten in allen Lebensbereichen angesehen
und jedes Mitglied des Stammes konnte die Druiden aufsuchen und um Rat bitten,
sei es in Familien Angelegenheiten, gesundheitlichen Belangen oder bei anderen Problemen.
Dabei war es üblich, eine kleine Opfergabe, die zum Beispiel aus Nahrungsmitteln bestehen konnte,
darzubringen. Einmal im Monat hielten die Druiden Konzil mit den Stammeshäuptlingen und
berieten sie in politischen und sozialen Angelegenheiten.
Alljährlich (zur Sommersonnwende)
trafen sich die Druiden aus den verschiedensten Teilen des Landes – meist an ganz besonderen
Stellen wie etwa Stonehenge. Sie hielten dort Zeremonien ab, die Barden sangen ihre Lieder,
sie besprachen die Lage des Volkes und tauschten Erfahrungen und neue Erkenntnisse aus.
Diese Treffen waren stets wichtige Ereignisse im Leben der Meister. Auch die Schüler,
die reif dafür waren, erhielten hier ihre Weihe.
Wenn die Druidenmeister auch keine Aufzeichnungen
hinterließen, so waren sie doch in gewissem Sinne auch Historiker.
Der unterste Grad des Druidentums war nämlich der Stand der Barden, die wichtige Ereignisse,
aber auch neu gewonnene Erkenntnisse in Liedern zusammenfaßten und ihnen so eine prägnante Form gaben,
die weitergegeben werden konnte.
Diese Art der Überlieferung ist ein gutes Beispiel für die ganzheitliche Denkweise der alten Meister,
die auf diese Art zwanglos die Weitergabe von Wissen und Kunst miteinander verknüpften.

Die Schüler der Druidengemeinschaft waren mit den anfallenden alltäglichen Pflichten betraut und
versorgten ihre Meister. Sie sorgten für saubere Kleidung,
bereiteten Nahrung zu und trafen die Vorbereitungen für die Riten.
Anfangs erhielten die neuen Schüler keinen direkten Unterricht von ihren Meistern,
sondern mussten sich selbst um Verständnis bemühen.
Erst wenn ein Adept sich durch sein Verhalten auszeichnete und sein Meister ihn für würdig befand,
wurde er in die Anfänge der Philosophie eingewiesen.

Die Essenz der unterrichteten Philosophie wurde von den Barden in Triaden zusammengefaßt,
die der Schüler lernen musste, wobei besonders darauf geachtet wurde, dass sich die Bedeutung dieser
Lehrsätze auch im täglichen Leben manifestierte. Die Merksätze dienten der prägnanten
Weitergabe der wichtigsten Merkmale der Lehre (und da keine schriftlichen Aufzeichnungen gemacht wurden,
mussten diese Triaden auswendig gelernt werden).

Stark ist die Eiche und Wasser und Stein:
so sei auch du!
Die Schüler lernten, dass der Mensch durch die Geburt von der Einheit mit der
Natur getrennt wird und damit in Abred, den Kreis der Notwendigkeit, eintritt. Dieser »Kreis der
Notwendigkeit« stellte nach Auffassung der Druiden die Wurzel des Leides und des Bösen dar.
Ziel des Druidenschülers war es, diesen Kreis zu durchbrechen.
Es wurde seine eigentliche Aufgabe, durch eigene Bemühungen die Einheit mit der Natur
wiederherzustellen,
um so mit der Befreiung des Selbst nach Gwemvyd, die »Weiße Welt« zu gelangen.
Gwenioyd ist dabei nicht
mit dem christlichen Paradies gleichzusetzen. Es ist vielmehr die Umschreibung eines durchaus irdischen
Glückszustandes, durch den wahre Selbstverwirklichung erreicht wird.
Durch die Befreiung des eigenen Selbst soll wiederum der Weg zur Befreiung anderer Wesen ermöglicht werden.
Das letzte Ziel ist das universale Durchbrechen von Abred und damit die Wiederherstellung der
Harmonie aller Lebewesen mit dem Universum.
Die Druiden glaubten wohl bis zu einem gewissen
Grad an Reinkarnation, aber ein größerer Einfluss dieses Glaubens auf ihre Lehre ist nicht erkennbar.
Es war für sie selbstverständlich, dass sie keinem Lebewesen – oder auch nur der unbelebten Natur Schaden
zufügten, so dass sich ein besonderes Dogma damit erübrigte.
Es gab mehrere Stufen, in denen die Schüler
lernten, ihr Selbst zu erkennen, zu beherrschen und schließlich zu befreien. Diesen Stufen – Erkenntnis,
Kontrolle und Befreiung – waren bestimmte Übungen und Lehren zugeordnet.

Am Anfang stand die Selbsterkenntnis.
Der Adept sollte sich sowohl seines Geistes als auch seines physischen Körpers und der
emotionalen Vorgänge vollkommen bewusst werden. Diese Bewusstheit sollte mit geeigneten
Übungen (die den Schwerpunkt dieses Buches bilden] und dem Erlernen und Verstehen der
grundlegenden Triaden erreicht werden.
Erst wenn ein Schüler diese erste Stufe des
Wyda gemeistert hatte – dies dauerte in der Regel zehn bis zwanzig Jahre -, war er reif,
in den Stand der Druiden aufgenommen zu werden und die Weihe zu erhalten.
Damit war die Lehre jedoch keineswegs abgeschlossen. Es dauerte mindestens weitere zehn Jahre,
bis auch die Stufe der Kontrolle durchlaufen war und der nun voll ausgebildete Druide sein ganzes
weiteres Leben danach trachtete, die Stufe der Befreiung zu erlangen.
Lange Zeit hatten die Druiden
trotz dieser unglaublich ausgedehnten Lehrzeit und ihres entbehrungsreichen Lebens genug Schüler gehabt,
um als Gruppe weiterzubestehen. Ihr Ansehen und die Werte, für die die Meister standen,
hatten stets die begabtesten jungen Männer angezogen.
Doch mit dem Vordringen der
Römer und später auch des Christentums wandelten sich die Werte und Vorstellungen des Volkes.
An Stelle der erd- und naturverbundenen Philosophie des Wyda trat nun ein jenseitsbezogener Glaube.
Das Zeitalter der »Kinder der Eichen« ging zu Ende.

Die Druidenmeister waren trotz ihrer
Weisheit und ihrer erstaunlichen Fähigkeiten keine Übermenschen. Sie waren vielmehr wissbegierige,
offene und tolerante Wesen, die sich bemühten, ihre Umwelt in täglich neuem Licht und Glanz zu
sehen
und zu verstehen. Sie waren Forscher, Psychologen, Mediziner und Philosophen, die sich
stets ihrer Herkunft aus der Natur bewusst waren und erkannten, dass jedes Ziel nur im Einklang
mit dieser Natur erreicht werden kann. Sie standen in einer langen Tradition einer uralten
Wissenschaft und waren so in der Lage, ihr Leben auf ein festes Fundament zu gründen.
Diesen Vorteil haben die heutigen Erkenntnissuchenden nicht mehr.
Doch gerade heute, in einer Zeit der Schnelllebigkeit und der Umweltzerstörung,
gewinnen die Werte der Druiden wieder immer mehr an Bedeutung. Wir alle müssen wieder lernen,
unserer Umwelt – das schließt auch unsere Mitmenschen und uns selbst ein – mehr an wahrhaftiger
Aufmerksamkeit zu schenken.
Die Zeit der Druidenmeister ist unwiederbringlich im Strom der Geschichte
untergegangen, und es ist zwecklos zu versuchen, die vergangenen Epochen wieder aus ihrem Grab zu erwecken.
Aber es steht in unserer Macht, ein neues Zeitalter zu beginnen, indem wir die alten Wegweiser unserer
Vorfahren als Hilfe nehmen auf unseren eigenen, neuen Wegen.
einmal im Traum daran, unsere Erkenntnisse jemals zu veröffentlichen!

Die überaus positive Reaktion eines Freundes auf unsere Erfahrungen bestärkte uns darin,
nach Irland zurückzukehren, um unsere Forschungen weiter zutreiben. Um besseren Kontakt mit der
Bevölkerung zu bekommen, lernten wir Gälisch, die alte irische Sprache.

Als wir wieder nach Irland kamen, hatten wir vor, durch das ganze Land zu reisen,
um nach weiteren Erkenntnissen und Hinweisen auf die alte Druidenlehre zu suchen.
Leider stießen wir dabei nur ein paar Mal auf Familien, in denen Wyda praktiziert wurde und
nur wenige dieser Familien waren bereit, uns bei unseren Forschungen weiterzuhelfen.

Allerdings waren auch diejenigen, die uns nichts Genaues berichten wollten denn überall stießen wir auf
die jahrhundertealte Tradition der Geheimhaltung -, sehr freundlich und in vieler Hinsicht hilfsbereit.
So erfuhren wir, dass in diesen Familien alle Familienmitglieder, so lange man denken konnte,
sehr alt wurden. Auch Krankheiten traten bei ihnen seltener als gewöhnlich auf und Epidemien waren
oft spurlos an ihnen vorbeigegangen. Wir konnten nur den Schluss ziehen,
dass diese Besonderheiten dem Wyda zu verdanken sein mussten.
Das hohe Alter und die robuste
Gesundheit dieser Menschen waren jedoch nur die äußeren Anzeichen, die die Ausübung der
Druidenlehre mit sich brachte. Uns fiel besonders die außergewöhnliche Ausstrahlung,
Ruhe und Wärme der Menschen auf,
die uns deutlich machten,
wie umfassend die Wirkungen des Wyda sein können.
Einige Monate reisten wir so durch das Land, von Hinweis zu Hinweis und
langsam aber stetig nahm unsere Vorstellung von der Lehre Form an.
Schließlich besaßen wir zahlreiche Aufzeichnungen von Übungen und Übersetzungen alter Schriften,
doch es fehlte eine umfassende Zusammenschau des gesammelten Materials.
Deshalb zogen wir uns für einige Monate in die Einsamkeit eines alten Bauernhofes in der Nähe von Loch Lein,
einem idyllischen See im Süden Irlands, zurück, um die alte Lehre der Druiden, das Wyda,
so weit wie möglich zu rekonstruieren.
Das vorliegende Buch stellt Ihnen nun einen großen Teil unseres
Wissens über die alte Lehre in kurzer Form vor. Da dies das erste Buch über das Wyda der Druiden ist,
dürfen wir beim Leser auch keine Erfahrungen voraussetzen. Dadurch und durch unsere
Beobachtung der besonderen Wirkung des Wyda auf die geistige und körperliche Gesundheit
ergibt sich die Betonung auf das Übungssystem, während die Philosophie und die höheren Praktiken
weniger Eingang gefunden haben. Diese höheren Stufen des Wyda sind erst nach langer Vorbereitungszeit
oder großer Erfahrung und nur unter kundiger Führung gefahrlos zu bewältigen!